Konrad-Romane: "Die Spurensuche"

 2013 kam mit den "Toten des Meisters" mein Debütroman auf den Markt.  Der erste Roman mit Konrad von Hohenstade, Stadtknecht  Jupp Schmittges und Pastor Heinrich. Damals dachte ich noch, es bliebe bei dem einen Buch...😉 aber es kam ganz anders. Rund um meine drei Protagonisten entstanden vier Romane und sechs längere Kurzgeschichten. Ich freue mich sehr, dass die Romane jetzt wieder als E-Book verfügbar sind. In den alten Ausgaben gab es einen Anhang mit weiterführenden Informationen - diese Spurensuche werden Sie nach und nach hier auf meiner Webseite nachlesen können. 

Und wenn Sie einmal nach Andernach kommen, dann machen Sie doch bei einer meiner Krimiführungen mit, bei diesen Führungen lernen Sie dann einen Teil der Tatort kennen. Infos dazu finden Sie hier. 

Die Toten des Meisters - Konrad I

Was Sie in diesem Roman gelesen haben, basiert auf wahren Begebenheiten. Ich habe dankbar aus den unterschiedlichsten Büchern, Zeitschriften und Internettexten Teile für Konrads Welt zusammengesucht. Dennoch ist dieses Buch ein historischer Kriminalroman, keine Geschichtsdokumentation.

Dr. Klaus Schäfer und Dr. Manfred Huiskes haben mit ihren Arbeiten und persönlichen Auskünften die Grundlage für Konrad gelegt. Dr. Schäfer gab mir bereitwillig Antworten auf meine Fragen und erweckte so für mich das mittelalterliche Andernach und seine Umgebung zum Leben. An manchen Stellen gab es keine Informationen, hier durfte ich selber Konrads Welt ein Stück weit erschaffen. Alle Fehler und Irrtümer, die sich möglicherweise in meine Geschichte eingeschlichen haben, können Sie getrost mir zuschreiben.


Der historische Hintergrund

Am Anfang stand der Fund eines mittelalterlichen Friedhofes neben der Pfarrkirche Maria Himmelfahrt in Andernach. Auf einer Infotafel beschrieb das Koblenzer Landesamt für Denkmalpflege die Bedeutung der Ausgrabung. Ein Satz davon ging mir nicht mehr aus dem Kopf: 


„Eine besondere Bestattung ist die Beisetzung von Mutter und Kind in einer Steinkiste, beide starben wohl annähernd gleichzeitig während einer Epidemie.“ 


Ein schlichter Steinsarg war der Auslöser für dieses Buch. Die gefundene „Steinkiste“ wird heute auf dem römischen Ausgrabungsfeld in Andernach gelagert.


Mit diesem Satz begann meine eigene Spurensuche in der Historie Andernachs.

Welche Ereignisse gab es im Mittelalter, die sich für einen Kriminalroman nutzen ließen? Es gab zahlreiche, aber am meisten beeindruckten mich doch die Jahre zwischen 1469 und 1477.


1469 hatte Karl der Kühne (Gemälde von Roger van der Weyden in der Berliner Galerie), Herzog von Burgund, mit Kaiser Friedrich III. über die Heirat seiner Tochter Maria mit Friedrichs Sohn Maximilian verhandelt.  Papst Pius II., der vor seiner Wahl zum Pontifex Kaiser Friedrichs Kanzler war, soll die Verbindung vorgeschlagen haben. 


Im Herbst 1473 trafen sich der deutsche Kaiser, sein damals 14-jähriger Sohn und die deutschen Kurfürsten mit den Burgundern in Trier. Doch das Ganze endete im Eklat. Vielleicht lag es am Auftreten Karl des Kühnen: Burgund hatte 400 Wagenladungen kostbarer Wandteppiche, Gold, Silber und Gemälde in die Stadt gebracht, um seinen Reichtum zu demonstrieren.

Der machthungrige Karl erhoffte sich von der Verbindung die Königskrone, womöglich die Nachfolge Friedrichs als gewählter Kaiser. Er soll sogar schon eine Krone in Auftrag gegeben haben. Doch Kaiser Friedrich verließ am Ende die Moselstadt Richtung Köln und ließ die Gespräche platzen.  


Einige Historiker vermuten, dass die Kurfürsten mit Karls Plänen nicht einverstanden waren und Friedrich unter Druck gesetzt hatten. Man kann sich denken, dass Karl wenig erfreut über die Abfuhr war.

Ein Jahr später bot sich ihm erneut die Gelegenheit, seinen Einfluss auszubauen. Es herrschte zu dieser Zeit ein Streit um den Kölner Bischofssitz. Der Erzbischof von Köln hatte als Kurfürst erheblichen Einfluss im Reich. Nach dem Tod Dietrich von Moers (Kölner Erzbischof von 1414–1463) entbrannte in den darauffolgenden Jahren ein heftiger Kampf um seine Nachfolge. Auf der einen Seite Ruprecht von der Pfalz, auf der anderen Seite der „Kandidat“ der meisten kurkölnischen Städte, Hermann von Hessen. Die Auseinandersetzung eskalierte und Ruprecht von der Pfalz bat seinen Vetter um Unterstützung: Karl den Kühnen, Herzog von Burgund.

Karl der Kühne „verfolgte insgeheim das Ziel, den ganzen Kölner Kurstaat seinem gewaltigen, von den Niederlanden bis zum Genfer See reichenden Machtbereich einzuverleiben, nachdem seine Pläne, seine Tochter mit Kaiser Friedrichs III. Sohn Maximilian zu verheiraten und womöglich die Königskrone zu erlangen gescheitert waren. Mit einem Heer von etwa 16.000 Mann und der damals modernsten Artillerie Europas belagerte er seit Juni 1474 die kurkölnische Stadt Neuss ...“ , so der Historiker Dr. Manfred Huiskes.


Kaiser Friedrich III. (Gemälde Kunstmuseum Wien) musste den Reichskrieg ausrufen und begann Truppen zusammenzuziehen, um Neuss zu helfen.

Hier wird es nun spannend. Der Kaiser wohnte nämlich zu diesem Zeitpunkt nicht in Trier oder in Mainz, er lebte drei Monate lang, vom 29. Dezember 1474 bis zum 10. März 1475, in Andernach. 

Ein riesiges Feldheer von rund 40.000 Mann sammelte sich in den Monaten November 1474 bis März 1475 im Mittelrheintal. 


Das kurkölnische Andernach belagerte in der Zeit, in der Friedrich in der Stadt weilte, Linz, das auf der Seite Ruprechts stand. Dabei kam es zur Katastrophe: burgundische Truppen griffen die Andernacher an und besiegten sie. 


Nach drei Monaten verließ der Kaiser die Stadt. Zu wirklich großen Kämpfen zwischen dem Reichsheer und Burgund soll es gar nicht mehr gekommen sein: Bereits Ende Mai stimmte Karl einem Waffenstillstand zu und Anfang Juni zogen sich die burgundischen Truppen endgültig zurück.

Im Januar 1477 starb Karl bei der Schlacht von Nancy, wenige Monate später heirateten Maximilian und Maria von Burgund.


Die Chronologie der Ereignisse war wahrscheinlich recht typisch für die damalige Zeit, in der Intrigen, Bündnisse und Kriege zwischen den europäischen Herrschaftsfamilien sozusagen zur „Tagesordnung“ gehörten.

Die Verbindung Habsburg und Burgund aber darf man nicht unterschätzen: Nicht zuletzt durch die Reichtümer Burgunds wurden die Habsburger zu einer der mächtigsten Adelsfamilien Europas.

Zwischen 1469 und 1473 plante man also die Hochzeit, 1475 musste Habsburg gegen Burgund in den Krieg ziehen, 1477 heirateten Maria und Maximilian.

Irgendwann im Jahr 1476 gab es wohl Verhandlungen zwischen Vertrauten Habsburgs und Burgunds, um die Ehe zu vermitteln. Die ersten Verhandlungen, die im großen Rahmen in Trier stattgefunden hatten, waren ja gescheitert. Danach wurde wohl im Stillen verhandelt. Wo? In Andernach? Nein, denn hier beginnt die Fiktion des Romans. Aber es hätte gut in Andernach stattfinden können. Vielleicht hatte ja Friedrich III., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, die kleine, eher unscheinbare Stadt am Rhein schätzen gelernt

Historische Personen

Natürlich gibt es Personen in diesem Buch, die tatsächlich gelebt haben. Bei ihnen habe ich versucht, Informationen, z. B. über ihren Charakter, mit in die Handlung einfließen zu lassen.

Konrad von Hohenstade und Greich, seine Freunde Jupp Schmittges, Pastor Heinrich und Pater Anselm, die Andernacher Bürger und die einzelnen Minderen Brüder – sie alle sind dagegen frei erfunden. Mögliche Ähnlichkeiten mit damals lebenden Personen wären, wie es immer so schön heißt, wirklich zufällig.


Und auch wenn es in der damaligen Zeit unzählige Ritterorden gab – die Ritter des schwarzen Adlers mit all ihren Befugnissen haben nie existiert.

Andererseits gibt es Listen von Bürgern, die für die Wachen der einzelnen Tore und Türme eingeteilt worden waren und überlieferte Ratsprotokolle.


Von Dr. Klaus Schäfer, u. a. Leiter des Andernacher Stadtmuseums, erhielt ich auch eine Liste mit Namen von Gasthäusern des 15. und 16. Jahrhunderts. Das alles waren wunderbare Quellen gewesen, um authentisch klingende Namen aus Andernach zu verwenden.

Einzelne erwähnte Amtmänner, Schöffen oder z. B. Gerlach Hausmann von Namedy, Vater des frei erfundenen Markward, lebten wirklich.

Vor allem bei den Delegationen aus Habsburg und Burgund suchte ich historische Persönlichkeiten, die eine Verbindung zu den jeweiligen Adelsfamilien besaßen. Nun ja, bis auf eine Ausnahme: Gernot von Württemberg.

Der hätte 1449 als letztes Kind Ludwigs von Württemberg geboren sein können – ist aber fiktiv. Seinen Vetter Heinrich von Württemberg musste ich mir dagegen nicht ausdenken. Er wurde in der Tat von Burgund gefangen gehalten und es gibt Berichte, die auch von einer Scheinhinrichtung sprechen. Vielleicht waren es ja diese schrecklichen Ereignisse in seiner Gefangenschaft, die ihm später den unrühmlichen Beinamen „der tolle Heinrich“ oder „Heinrich der Verrückte“ einbrachten.


Die übrigen Delegationsmitglieder sind historische Persönlichkeiten:


Johann Cicero von Brandenburg war der älteste Sohn von Albrecht „Achilles“ von Brandenburg, einem engen Verbündeten Friedrichs III., außerdem Neffe des Kurfürsten und Trierer Erzbischofs Johann 11. von Baden.


Johann II. von Baden, Erzbischof von Trier, tritt zwar nicht selber im Roman auf, ihm wird aber zugeschrieben, wesentlich an der Vermittlung der Hochzeit beteiligt gewesen zu sein.


Anton Bastard von Burgund war der Halbbruder Karls. Anton wurde von Karl als Diplomat in verschiedenen Missionen eingesetzt.


Philipp von Burgund, Antons Sohn, soll seinen Vater oft begleitet haben und wurde aufgrund seiner Verdienste 1478 zum Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies ernannt.


Adolf von Kleve war ebenfalls ein enger Vertrauter Karls. Er wurde sogar Generalstatthalter der Burgundischen Niederlande.